Momente zum Innehalten


Wieder mal musste ich feststellen, das meine kleine Davita meine größte Herausforderung ist. Dabei hatte ich alles so gut durchdacht und vorbereitet. Ich weiß es geht ihr im Moment nicht so gut. Ihr Becken macht seit ein paar Tagen Probleme und der gesamte Bereich des hinteren Rückens ist empfindlich und scheint ihr zu schmerzen. Sie läuft sehr eng hinten, fast so eng, dass sich ihre Knöchel beim laufen berühren. Das alles habe ich in den letzten Tagen wahrgenommen und mir überlegt wie ich ihr gut helfen kann. Ich habe nochmal alte Behandlungsberichte durchgelesen, habe mir überlegt welche Übungen und Griffe sinnvoll wären und mir innerlich einen kleinen Behandlungsplan zusammen gelegt.

Dann sollte es los gehen, Ein paar Leckerli wurden gerichtet, ich habe mich auf den Wohnzimmerteppich gesetzt und los ging es. Nur leider fand das Davita alles andere als entspannend. Sie blieb nicht bei mir, sie drehte sich weg und lies sich partout nicht anfassen. Ein großes Gehampel entstand und innerhalb kurzer Zeit waren wir beide entnervt. Warum klappt bei meinem Hund nicht, was ich in der Praxis jeden Tag mit Leichtigkeit hinbekomme?

Mir wurde klar, dass ich mich bei meinem eigenen Hund nicht einlasse. Ich hatte meinen Plan, meine Vorstellung was gut für sie ist und übersah dabei vor lauter Eifer ihre Grenzen. Ich versuchte mit Druck und Bestechung sie zur Mitarbeit zu überreden. Doch wie soll sie mitmachen, mir ihren empfindlichen Rücken zur Verfügung stellen, wenn ich nicht mit ganzem Herzen bei ihr bin?

Also wurden die Leckerli weggeräumt, die Musik ausgemacht und ich habe mich einfach auf den Teppich gelegt. Davita stand in sicherer Entfernung und schaute irritiert. Keine Leckerli? Was den nun?

Irgendwann legte sie sich in meine Nähe und lies sich ganz sanft immer näher locken. Dazu brauchte es nur ein leichtes Schnalzen und eine freundliche Einladung. Plötzlich hatte ich eine kleine Hundedame direkt neben mir liegen. Vorsichtig legte ich meine Hand auf ihren Rücken und spürte ihre Wärme, ihr Fell. Davita atmete aus, und lies sich auf die Seite fallen.

Sie war da und vertraute meiner Hand auf ihrer schmerzhaften Stelle.

 

Ganz langsam durfte ich sie massieren und ein paar ostheopatische Griffe einbauen. Wenn es ihr unangenehm war oder zu viel wurde, reichte ein leichten anheben des Kopfes um mir zu signalisieren: bitte etwas sanfter. Zum Abschluss durfte ich sogar meine Hände auf ihre Vorderpfötchen legen ohne, dass sie sie hektisch darunter hervor ziehen musste. Sie konnte entspannen und legte ihr Köpfchen auf meiner Hand ab. Wir lagen da, jeder in Gedanken und so im Einklang miteinander.

Am Ende habe ich nichts von meinem Plan gemacht und doch so viel mehr erreicht. Ich konnte eine Stunde mit meinem Hund in Vertrauen und Gemeinsamkeit verbringen, ohne Druck ohne Gehampel. Mir wurde klar, wie wenig solcher Momente es in unserem Alltag gibt. Momente zum Einlassen, Momente zum Innehalten und zum Zusammenwachsen.